
Gegen Mitternacht werden wir zu unserem Nachtaufstieg von einem der Guides geweckt. Der Grund für den frühen Start ist, dass wir genügend Zeit für das Erklimmen des Gipfels benötigen und immer noch genug Zeit für den Abstieg bei Tageslicht vorhanden sein muss. Um die nächste Unterkunft für die Nacht zu erreichen, müssen wir nicht nur 1195 Meter vertikalen Anstieg erbringen, sondern auch 2195 Meter Abstieg bewältigen. Zudem bringt das Wandern bei Nacht den Vorteil, dass das Geröll fester ist, wenn es kalt oder gefroren ist und der Schnee am frühen Morgen weniger matschig ist. Wir ziehen uns vor dem Anstieg so viele Kleidungsschichten wie möglich an, denn es wird kalt werden. Unterwegs achten wir darauf, genug zu essen und zu trinken, und unser Trinkwasser und unsere Snacks schnell zugänglich verstaut sind. Die erste Hälfte des Anstiegs gehen wir auf einem steilen und felsigen Weg. Wir halten ein langsames und konstantes Tempo bei, das ist weniger anstrengend, als ständig für eine kurze Pause anzuhalten. Mit kleinen Schritten ganz im eigenen Tempo kommen wir am besten voran – wie in Trance finden wir unseren Lauf-Rhythmus unter dem Sternenhimmel.
Nach der Hälfte der Strecke erreichen wir die Hans Meyer Höhle (5150 Meter), wo wir eine etwas längere Pause einlegen. Nach der Hans Meyer Höhle wird der Weg steiler, da es zickzackförmig Richtung Gilman?s Point geht. Das ist bei weitem der schwierigste Teil der Strecke, und wir müssen Mut und Durchhaltefähigkeit aufbringen, dann werden wir es bis zum Gipfel schaffen. Wenn wir am Kraterrand angekommen sind, können wir die wärmende Sonne spüren. Hier gönnen wir uns eine Pause, um den Sonnenaufgang zu genießen, der von vielen als schönster der Welt bezeichnet wird. Vom Gilman?s Punkt aus brauchen wir ungefähr weitere 1,5 – 2 Stunden bis zum Uhuru Gipfel, die Steigungen sind allerdings angenehmer und der Pfad besser zum Laufen. Das Gipfelziel ist erreicht!
Nun geht es vom Uhuru Gipfel 2195 Höhenmeter tiefer bis zur Horombo Hütte. Vom Kraterrand aus sind es 1985 Meter. Wir müssen vorsichtig sein, denn wir bewegen uns in schwierigem Gelände. Trotz gerader Streckenführung ist das schroffe Geröll eine Herausforderung. Unsere beiden Laufstöcke sind jetzt sehr nützlich. Wenn wir unseren Guide beobachten, sehen wir seine Technik zwischen Rennen und Rutschen – wir versuchen, es genauso zu machen und trotzdem in Ruhe bei unserem eigenen Tempo zu bleiben. Wir schützen unser Gesicht vor dem Staub und halten einen guten Abstand zu dem Mitwanderer, der vor uns läuft. Wenn wir gut in Horombo angekommen sind, können wir uns entspannen und die Freude und den Stolz auf unsere Leistung genießen.